Ärztinnen und Ärzte gelten in der Finanzwelt als eine der bonitätsstärksten Berufsgruppen.
Gleichzeitig gehört ihre berufliche Selbstständigkeit zu den kapitalintensivsten Einstiegen überhaupt.
Ob Praxisgründung, Geräteanschaffung oder Übernahme eines bestehenden Standorts – der Kapitalbedarf liegt weit über dem vieler anderer Freiberufler.
1. Wirtschaftliche Ausgangslage
Laut einer Studie der apoBank lag das durchschnittliche Jahreseinkommen niedergelassener Ärzte 2024 bei rund 172.000 Euro brutto.
Das klingt solide, verdeckt aber hohe Kostenstrukturen:
- Miete und Ausstattung der Praxis
- Personal (medizinische Fachangestellte)
- Versicherungen, Fortbildung, EDV-Systeme
- Abrechnungssoftware und Datenschutz
Gerade in den ersten drei Jahren nach Gründung ist die Liquiditätssicherung entscheidend.
Viele Praxen benötigen laufend Betriebsmittelkredite, um die Zeit zwischen Rechnungsstellung und Zahlung der Kassenärztlichen Vereinigung zu überbrücken.
2. Typische Finanzierungszwecke
Finanzierungszweck | Durchschnittlicher Kapitalbedarf | Laufzeit (Ø) | Bemerkung |
---|---|---|---|
Praxisgründung / Übernahme | 200.000 – 600.000 € | 10–15 Jahre | meist inkl. Geräte, IT, Einrichtung |
Modernisierung / Digitalisierung | 50.000 – 150.000 € | 5–10 Jahre | oft mit KfW-Förderung |
Gerätefinanzierung | 20.000 – 250.000 € | 3–8 Jahre | Leasing häufig sinnvoll |
Liquiditätskredit | 10.000 – 100.000 € | 1–5 Jahre | zur Überbrückung von Abrechnungszyklen |
Die größte Herausforderung ist die Balance zwischen Investition und Liquidität – insbesondere, wenn gleichzeitig Personal aufgebaut wird.
3. Relevante Banken und Anbieter
🏦 Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Marktführer im Bereich Heilberufe.
Bietet alle klassischen Produkte: Gründung, Übernahme, Modernisierung, Betriebsmittel.
Vorteil: detaillierte Branchenkenntnis, maßgeschneiderte Beratung, enge Kooperation mit KfW.
Nachteil: hohe Anforderung an Unterlagen und Businessplan.
🏛️ Commerzbank – Heilberufe-Center
Zweiter großer Anbieter im Markt.
Bietet flexible Investitionskredite ab 50.000 €, Kombination mit KfW-Programmen.
Besonderheit: Finanzierung auch bei Gemeinschaftspraxen und MVZ-Strukturen.
💻 GLS Bank / UmweltBank
Interessant für Ärzte mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Prävention oder ganzheitliche Medizin.
Zinssätze etwas höher, dafür Förderintegration (z. B. Energieeffizienz in Praxisgebäuden).
💡 Digitale Anbieter (z. B. iwoca, auxmoney business)
Eher für kleine Beträge und kurzfristige Liquidität geeignet – bis 100.000 €, rein digital.
Weniger relevant bei Gründungsfinanzierungen, da Bonitätsprüfung vereinfacht.
4. Förderprogramme für Ärzte
Banken kombinieren ihre Kredite häufig mit öffentlichen Fördermitteln.
Wichtige Programme sind:
- KfW-Unternehmerkredit (037/047): für etablierte Praxen, günstige Zinsen (2–4 %)
- ERP-Gründerkredit (067): bis 125.000 € für Praxisgründung
- KfW-Energieeffizienz (276/278): Modernisierung und energetische Sanierung
- Investitionsförderung der Bundesländer: teils Zuschüsse bei Übernahme ländlicher Praxen
Je nach Standort kann auch die Landesärztekammer beratend unterstützen.
5. Bonität und Kreditbewertung
Ärzte gelten als besonders kreditsicher, da ihr Einkommen stabil und langfristig planbar ist.
Trotzdem prüfen Banken genau:
- Praxisplan und Standortanalyse
- Umsatzprognose und Kostendeckung
- persönliche Sicherheiten (z. B. Lebensversicherung, Immobilie)
- vorhandene Patientenbasis bei Übernahme
Gerade junge Mediziner sollten ihre Finanzierung frühzeitig mit einem spezialisierten Bankberater abstimmen, da die Unterlagen umfangreich sind.
6. Entwicklungstrends
- Digitalisierung: Zunehmender Finanzierungsbedarf für elektronische Patientenakte, Datenschutz, Praxissoftware.
- Nachfolgefinanzierung: Rund 40 % der Hausärzte wollen bis 2030 ihre Praxis übergeben. Finanzierung der Übernahme wird zum zentralen Thema.
- Nachhaltigkeit: Energieeffiziente Modernisierungen gewinnen an Bedeutung – Kombination mit KfW-Zuschüssen.
Finanzierungen für Ärzte sind ein Sondersegment – lukrativ für Banken, aber beratungsintensiv für die Kreditnehmer.
Die meisten Ärztinnen und Ärzte profitieren von individuellen Fördermodellen und spezialisierten Banken, nicht von Standardlösungen.
Die beste Praxis steht auf zwei Säulen – medizinischem Können und solider Finanzierung.
Wer beides strukturiert plant, sichert sich langfristige Stabilität. 🏥
👉 Bist du selbst im medizinischen Bereich tätig oder planst eine Praxisgründung?
Mich interessiert, welche Bank oder Förderprogramme du bisher in Betracht gezogen hast – klassische apoBank oder digitale Alternativen?