Es gibt Fehler, die spürt man im Geldbeutel. Und es gibt Fehler, die brennen sich ins Gedächtnis.
Mein größter finanzieller Fehltritt war beides.
Ich erinnere mich an den Moment ziemlich genau. Es war Spätherbst, die Auftragslage gut, mein Konto ordentlich gefüllt. Ich fühlte mich unbesiegbar – und beschloss, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, „richtig zu investieren“.
Spoiler: Es war nicht.
Der Traum vom Wachstum
Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, mein kleines Einzelbüro in etwas Größeres zu verwandeln.
Mehr Equipment, neues Branding, neue Website, sogar ein kleiner Raum in der Innenstadt.
Ich nahm einen Kredit über 15.000 Euro auf. Nicht, weil ich ihn unbedingt brauchte – sondern, weil ich das Gefühl hatte, es wäre der nächste logische Schritt.
„Wer wachsen will, muss investieren“, sagte ich mir damals.
Ich hätte auch sagen können: „Wer zu schnell wächst, verliert leicht den Boden unter den Füßen.“
Als das Geld schneller verschwand, als ich dachte
Das Verrückte war: Am Anfang lief alles super. Neue Kunden, frisches Image, stolzes Gefühl.
Doch dann kamen die Nebenkosten. Versicherungen. Software-Abos. Strom, Miete, Rücklagen – und plötzlich war die Kreditrate nicht mehr Teil eines Wachstumsplans, sondern ein fester Klotz am Bein.
Das Schlimmste war nicht der finanzielle Druck, sondern dieses leise Gefühl, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Ich arbeitete härter, aber es fühlte sich leer an.
Die Erkenntnis kam spät – aber sie kam
Nach einem Jahr beschloss ich, das Experiment zu beenden. Ich kündigte das Büro, verkaufte Teile der Ausstattung, zog mich zurück in mein Homeoffice.
Und dann passierte etwas Unerwartetes: Ich spürte Erleichterung.
Ich hatte gelernt, dass Wachstum nicht immer bedeutet, mehr zu besitzen – sondern, besser zu arbeiten.
Dass finanzielle Freiheit nicht von großen Krediten, sondern von klugen Entscheidungen abhängt.
Was ich daraus mitgenommen habe
- Ein Kredit ist kein Zeichen von Erfolg. Er ist ein Werkzeug – und man sollte ihn nur dann nutzen, wenn man weiß, wie.
- Emotionen sind schlechte Finanzberater. Euphorie ist gefährlicher als Angst.
- Kleine Schritte sind nachhaltiger als große Sprünge.
Ich habe den Kredit abbezahlt, die Lehre behalten – und heute gehe ich mit Geld völlig anders um.
Dieser Fehltritt war teuer. Aber er war auch notwendig. Ohne ihn hätte ich nie verstanden, dass Geld kein Ziel ist, sondern ein Mittel. Kein Symbol für Erfolg, sondern für Verantwortung.
Und genau das, glaube ich, unterscheidet reife Selbstständigkeit von jugendlichem Ehrgeiz:
Du lernst, nicht mehr alles zu wollen – sondern das Richtige zu tun.