Kredit für selbstständige Coaches: Meine Erfahrungen mit der ING
Es gibt Berufe, bei denen prallen zwei Welten besonders hart aufeinander. Selbstständige Coaches sind so ein Fall. Auf der einen Seite: starke Persönlichkeit, gutes Marketing, hohe Ticketpreise, Instagram, LinkedIn, Funnel, Workshops. Auf der anderen Seite: Banken, die nüchtern auf Zahlen schauen und mit „Personal Brand“ ungefähr so viel anfangen können wie mit einem Vision Board. Ich bin Alex. Seit Jahren begleite ich Selbstständige und Unternehmer bei Finanzierungsfragen – und Coaches sind dabei eine der spannendsten, aber auch schwierigsten Gruppen. Denn hier entscheidet nicht Talent oder Reichweite, sondern Planbarkeit. Und genau da wird es mit der ING interessant.
Warum Coaches bei Banken regelmäßig anecken
Ich sage es gleich vorweg:
Banken haben kein Problem mit Coaching.
Sie haben ein Problem mit Unvorhersehbarkeit.
1. Einnahmen sind oft projekt- und launchabhängig
Viele Coaches verdienen ihr Geld über:
- Launches
- Programme mit begrenzter Laufzeit
- 1:1-Pakete
- Gruppenprogramme
- Online-Kurse
Das führt zu Einnahmen wie auf einem Herzmonitor:
Monate mit 20.000 €, dann wieder 3.000 €, dann fast nichts – dann wieder ein Peak.
Für Coaches normal.
Für Banken ein Albtraum.
2. Das Business hängt stark an einer Person
Wenn du krank bist, keine Lust hast oder dein Thema gerade nicht „zieht“, passiert… nichts.
Banken fragen sich:
Was passiert, wenn diese Person wegfällt?
Und das ist leider eine berechtigte Frage.
3. Kaum klassische Sicherheiten
- kein Lager
- keine Maschinen
- keine Fahrzeuge
- oft kein Büro
Ein Laptop, ein Mikrofon und ein gutes Mindset sind eben keine bankfähigen Sicherheiten.
Warum Coaches trotzdem bei der ING anklopfen
Die ING ist für viele Selbstständige attraktiv, weil sie:
- seriös wirkt
- günstige Zinsen hat
- als Direktbank weniger „Filialtheater“ macht
- bei Angestellten extrem beliebt ist
Viele Coaches sind dort privat schon Kunde und denken sich:
„Warum nicht auch geschäftlich?“
Und genau hier beginnt die Ernüchterung.
Wie die ING Kredite für Selbstständige tatsächlich bewertet
Wichtig zu verstehen:
Die ING ist keine Gründerbank, keine Coaching-Bank, kein Fintech.
Sie ist eine risikobewusste Direktbank.
Was sie sehen will:
- mehrere Jahre Selbstständigkeit (meist 2–3)
- stabile Gewinne
- saubere Steuerbescheide
- möglichst geringe Schwankungen
- private Bonität ohne Makel
Was sie nicht interessiert:
- Reichweite
- Testimonials
- Follower
- schöne Storys
- Visionen fürs nächste Jahr
Ich habe es mehr als einmal erlebt, dass Coaches mit 100k+ Jahresumsatz abgelehnt wurden – und andere mit 40k, aber stabilen Zahlen, durchkamen.
Meine echten Erfahrungen mit Coaches und der ING
Jetzt wird es konkret. Das sind typische Fälle, die mir immer wieder begegnen.
Erfahrung 1: Erfolgreicher Online-Coach – trotzdem abgelehnt
Ein Business-Coach mit:
- ca. 120.000 € Jahresumsatz
- starker Online-Präsenz
- mehreren Launches pro Jahr
Problem aus Sicht der ING:
- extreme Umsatzschwankungen
- wenig konstante Monatsüberschüsse
- hohe Marketingkosten
Ergebnis: Ablehnung.
Sein Kommentar war ehrlich und frustriert:
„Ich verdiene gut, aber anscheinend zu ungleichmäßig.“
Erfahrung 2: Coach mit kleinerem Umsatz – Kredit genehmigt
Ein anderer Coach, weniger flashy:
- ca. 45.000–50.000 € Umsatz
- hauptsächlich 1:1-Coaching
- monatlich relativ konstante Einnahmen
- kaum Werbekosten
Die ING genehmigte einen Ratenkredit.
Warum?
Planbarkeit > Höhe.
Erfahrung 3: Coaching + Nebeneinkommen = Joker
Mehrere Coaches hatten Erfolg, weil sie:
- zusätzlich Workshops für Unternehmen machten
- Lehraufträge hatten
- oder ein kleines Nebengewerbe führten
Diese Mischung wirkte auf die ING stabilisierend.
Nicht glamourös – aber kreditwürdig.
Welche Kreditarten Coaches bei der ING realistisch bekommen
Hier muss man ehrlich sein.
1. Klassischer Ratenkredit (privat)
Viele Coaches bekommen keinen Firmenkredit, sondern:
- einen privaten Ratenkredit
- auf Basis ihrer Selbstständigkeit
- mit privater Haftung
Beträge meist 5.000–50.000 €.
Das ist nicht sexy, aber oft der einzige Weg.
2. Kein echter Betriebsmittelkredit
Die ING bietet für Coaches in der Regel keine klassischen Betriebsmittellinien wie Hausbanken. Dafür ist das Modell zu schwankend.
Vorteile und Nachteile der ING für selbstständige Coaches
Vorteile:
- Günstige Zinsen, wenn man durchkommt
- Klare, digitale Prozesse
- Keine Verkaufsgespräche, kein Filialdruck
- Seriosität – auch für größere Beträge
- Gut geeignet für Investitionen (Weiterbildung, Technik, Marketing)
Nachteile:
- Sehr geringe Toleranz für Schwankungen
- Kaum Verständnis für Coaching-Modelle
- Keine Gründerfreundlichkeit
- Ablehnung oft ohne große Verhandlung
- Persönliche Marke zählt null
Für welche Coaches passt die ING – und für welche nicht?
Passt gut, wenn…
- du seit Jahren selbstständig bist
- dein Umsatz relativ stabil ist
- du wenig Launch-Spitzen hast
- du privat eine gute Bonität hast
- du einen überschaubaren Betrag brauchst
Passt eher nicht, wenn…
- dein Business stark launch-getrieben ist
- du erst 1–2 Jahre selbstständig bist
- du große Schwankungen hast
- du auf Verständnis für Online-Modelle hoffst
- du schnelle Liquidität brauchst
Die ING ist rational. Kühl. Berechenbar.
Das passt nicht zu jedem Coaching-Business.
Die ING ist für Coaches keine Traumbank – aber eine Option für die Ruhigen
Ich formuliere es bewusst klar:
Wenn dein Coaching-Business ruhig, planbar und unspektakulär läuft, kann die ING ein guter Finanzierungspartner sein.
Wenn dein Business dagegen von:
- Launches
- Peaks
- Reichweite
- Hype
- aggressivem Marketing
lebt, wirst du dort sehr wahrscheinlich anecken.
Die ING finanziert nicht dein Potenzial.
Sie finanziert deine Vergangenheit. Und genau das sollten Coaches wissen, bevor sie Zeit und Nerven investieren.