Neue Liegen, leere Kassen? Mein Commerzbank Test als selbstständiger Physiotherapeut
Kennt ihr das Geräusch, wenn eine 15 Jahre alte Behandlungsliege langsam den Geist aufgibt? Dieses gequälte Ächzen des Motors, wenn man einen Patienten hochfahren will? In meiner Physio-Praxis war das in letzter Zeit der Soundtrack des Tages.
Ich bin Alex, und obwohl ich Finanz-Blogger bin, habe ich einen guten Freund – nennen wir ihn Mark – bei seinem Praxis-Upgrade intensiv begleitet. Mark ist ein begnadeter Physio, aber wenn es um Papierkram geht, bekommt er Ausschlag.
Die Situation: Seine Praxis lief gut, aber die Ausstattung war „Vintage“ (und nicht auf die coole Art). Es mussten neue elektrische Liegen her und ein sündhaft teures Stoßwellengerät. Investitionsvolumen: rund 35.000 Euro.
Das Problem in der Branche: Wir rechnen mit den Krankenkassen ab. Und die lassen sich mit dem Bezahlen gerne mal Zeit. Stichwort: Rezeptabrechnung. Man hat also viel Arbeit geleistet, aber das Geld tröpfelt erst Wochen später rein. Die Liquidität ist oft ein Jo-Jo-Spiel.
Wir haben uns für dieses Projekt die Commerzbank (Bereich Unternehmerkunden) angeschaut. Die werben ja massiv damit, dass sie den Mittelstand verstehen. Aber verstehen die auch eine kleine Physio-Praxis am Stadtrand?
Der Mythos vom „reichen Onkel Doktor“
Zuerst mal ein Realitätscheck. Viele Banken lieben Ärzte. Bei Physiotherapeuten sieht die Liebe schon anders aus. Die Margen sind enger, der Fachkräftemangel drückt, und die Abhängigkeit von den Krankenkassen-Sätzen ist riesig.
Marks Hausbank (die lokale Genossenschaftsbank) war zwar nett, wollte aber für den Kredit gefühlt seine Erstgeborenen als Pfand und einen Termin in drei Wochen zur „Bedarfsanalyse“.
Drei Wochen warten, während der Motor der Liege schon Rauchzeichen gibt? Keine Option.
Commerzbank: Digital, aber mit „Filial-Joker“
Warum Commerzbank? Sie fahren aktuell eine interessante Strategie. Sie bieten Online-Kredite für Geschäftskunden an („Kredit in 24h“), haben aber trotzdem Filialen, wenn es mal klemmt. Für Mark war das wichtig. Er wollte nicht bei einer reinen Internetbank sein, wo er Schecks (ja, die gibt es im Gesundheitswesen noch!) nicht einzahlen kann.
Der Antrag für den „Unternehmerkredit“ lief online.
Was mir gefallen hat: Die Maske fragt gezielt nach der Branche. „Gesundheitswesen“ ausgewählt, und schon passt sich der Fragenkatalog etwas an.
Sie wollten natürlich Zahlen sehen.
- Die letzten zwei Jahresabschlüsse (EÜR).
- Aktuelle BWA.
- Nachweis über die Kassenzulassung.
Das Hochladen ging fix. Was cool war: Man konnte direkt auswählen, wofür das Geld ist („Investition“ vs. „Betriebsmittel“). Wir haben „Investition“ geklickt, weil das oft bessere Zinsen gibt als ein reiner Liquiditätskredit.
Die Entscheidung: Der Computer sagt „Jein“, der Mensch sagt „Ja“
Hier wurde es spannend. Der Algorithmus hat den Antrag erst mal geparkt. Warum? Weil die Umsätze in der Praxis durch Corona im Vorjahr etwas geschwankt hatten. Ein reines Fintech hätte uns hier vielleicht eiskalt abgelehnt.
Bei der Commerzbank rief aber am nächsten Tag ein Berater aus dem Geschäftskunden-Center an.
Kein Callcenter-Agent, der vom Skript abliest, sondern jemand, der BWAs lesen kann.
Mark konnte erklären: „Die Delle im Umsatz war wegen Lockdown, jetzt sind die Bücher voll.“
Der Berater hat das im System vermerkt, manuell freigegeben und – zack – war der Vertrag im Postfach.
Dieser Mix aus Technik und Mensch war in diesem Fall der Rettungsanker.
Konditionen und Auszahlung
Lohnt sich das finanziell?
Die Zinsen bei der Commerzbank lagen im soliden Mittelfeld. Wir haben nicht den absoluten Tiefstpreis bekommen (den gibt es vielleicht bei der KfW, aber da wartest du Monate), aber es war deutlich günstiger als der Dispo.Wir landeten bei einem effektiven Jahreszins von knapp unter 6%. Für einen gewerblichen Kredit ohne dingliche Sicherheiten (wir mussten die Praxis nicht verpfänden) ist das fair. Die Auszahlung war dann tatsächlich fix. Nach der digitalen Unterschrift (Video-Ident ging problemlos in der Mittagspause zwischen zwei Patienten) war das Geld nach 2 Tagen auf dem Konto.
Die neuen Liegen wurden bestellt, und Mark kann wieder arbeiten, ohne Angst zu haben, dass der Patient abstürzt.
Ein wichtiger Tipp zur Rückzahlung
Was viele nicht auf dem Schirm haben: Bei solchen Bankkrediten sind Sondertilgungen oft begrenzt. Fragt da vorher nach! Wenn ihr mal ein super Quartal habt und 5.000 Euro extra abbezahlen wollt, nehmen manche Banken dafür Vorfälligkeitsentschädigungen. Bei der Commerzbank gibt es Optionen für kostenlose Sondertilgungen, aber die muss man oft aktiv ansprechen oder im Vertrag suchen.
Mein Fazit für Heilberufler
Die Commerzbank ist für mich der „erwachsene“ Partner für Praxisinhaber.
Nicht so hip und schnell wie PayPal oder Iwoca, aber dafür seriöser und mit besseren Zinsen bei größeren Summen. Und nicht so träge und bürokratisch wie die ganz alte Sparkasse auf dem Dorf.
Gerade für Investitionen zwischen 20.000 und 100.000 Euro – also der Klassiker: neue Geräte, kleiner Umbau, neues Wartezimmer – ist das Produkt sehr stark. Man fühlt sich ernst genommen, auch wenn man „nur“ Physio und kein Herzchirurg ist.
Seid ihr im Gesundheitswesen selbstständig? Wie finanziert ihr eure Geräte? Alles über Leasing oder kauft ihr lieber auf Kredit? Das Thema „Leasing vs. Kauf“ könnten wir eigentlich auch mal in einem eigenen Artikel zerlegen, oder? Schreibt mir mal, ob euch das interessiert!