Ich erinnere mich noch genau:
Mein erster Stundensatz lag bei 35 €. Ich dachte, das sei okay.
Klingt nach gutem Geld, oder?
Tja… Nach Abzug von Steuern, Versicherung, Pausen, Akquise und Technik blieb da kaum was übrig. Und am Ende fragte ich mich:
„Warum arbeite ich eigentlich so viel – und verdiene trotzdem so wenig?“
Heute weiß ich: Dein Stundensatz ist kein Würfelspiel. Sondern das Ergebnis einer klugen Kalkulation.
In diesem Artikel zeige ich dir Schritt für Schritt, wie du deinen Stundensatz professionell, realistisch und nachhaltig kalkulierst.
Warum viele Freiberufler sich unter Wert verkaufen
Die größten Fehler bei der Preisfindung:
❌ Orientierung an anderen, ohne deren Struktur zu kennen
❌ Stundensatz nach Gefühl oder Bauchgefühl festlegen
❌ Nur mit dem Tagesbedarf kalkulieren – statt mit Jahreszielen
❌ Fixkosten nicht vollständig berücksichtigt
➡️ Ergebnis: Zu niedrige Preise, Überarbeitung, Frust – und irgendwann die Frage: „Ist Selbstständigkeit das Richtige für mich?“
Spoiler: Ja – wenn du fair kalkulierst.
Schritt 1: Was willst du verdienen?
Statt dich zu fragen, „was kann ich verlangen?“, frag dich lieber:
„Was brauche ich, um gut und stressfrei zu leben?“
Beispiel:
- Privatbedarf (Miete, Essen, Freizeit): 1.800 €
- Kranken-/Rentenversicherung: 500 €
- Rücklagen, Altersvorsorge: 400 €
- Steuern (geschätzt): 600 €
→ Du brauchst netto ca. 3.300 €/Monat
→ Brutto (vor Steuern & Abgaben): ca. 4.500–5.000 €/Monat
Schritt 2: Arbeitszeit realistisch planen
Das große Missverständnis:
Viele denken, sie können 8 Stunden am Tag abrechnen – 5 Tage die Woche.
In Wahrheit sieht’s so aus:
- 20–30 % deiner Zeit geht für Akquise, Orga, E-Mails, Weiterbildung drauf
- Urlaub, Krankheit, Feiertage reduzieren deine Arbeitstage
- Nicht jede Woche ist voll ausgelastet
Realistisch abrechenbare Stunden pro Monat:
🧮 80–100 Stunden
Schritt 3: Fixkosten + Puffer einrechnen
Dazu gehören z. B.:
- Büro oder Co-Working
- Software & Tools
- Website & Hosting
- Fortbildungen
- Buchhaltung / Steuerberatung
- Technik-Rücklagen
- Berufshaftpflichtversicherung
Beispiel: Fixkosten 800 € im Monat → auf 80 Stunden = +10 €/h
Schritt 4: Jetzt wird gerechnet 📊
Zielumsatz pro Monat: 5.000 €
Abrechenbare Stunden: 80
Fixkostenaufschlag: +10 €
→ 5.000 € / 80 h = 62,50 € Basis-Stundensatz
→ +10 € Fixkosten = 72,50 € Mindest-Stundensatz
➡️ Und damit verdienst du noch nicht „reichlich“, sondern gerade lebensfähig mit Reserve.
Ich empfehle immer:
🔝 Ziel-Stundensatz = Basis + 20–30 % Puffer
→ In dem Fall also 85–95 € / Stunde
Schritt 5: Optional mit Paketpreisen arbeiten
Viele Kunden mögen keine „offenen Stunden“.
Du kannst auf Basis deines Stundensatzes Paketpreise schnüren:
📦 Website-Audit → 3 Stunden = 270 €
📦 Coaching-Call mit Vorbereitung → 90 Min = 150 €
📦 Textpaket für Landingpage → 6 Stunden = 540 €
➡️ Paketpreise fühlen sich für Kunden verbindlicher an – und du behältst die Kontrolle.
Mein persönlicher Tipp: Jährlich neu kalkulieren
Jedes Jahr steigen deine Kosten. Deine Erfahrung wächst.
Also: Einmal jährlich deine Kalkulation überarbeiten.
Neue Kosten? Mehr Rücklagenbedarf? Höhere Auslastung?
➡️ Passe deinen Stundensatz an – du bist kein Supermarkt mit Festpreis.
Ein guter Stundensatz ist kein Ratespiel – sondern dein Fundament
Du bist Profi. Du hast Know-how, Risiko, Verantwortung.
Also solltest du wie ein Unternehmen kalkulieren – nicht wie jemand, der einfach „was dazuverdient“.
Ich weiß: Preise erhöhen ist schwer. Aber es ist härter, dauerhaft unterbezahlt zu arbeiten.
Also: Rechne. Runde auf. Und steh dazu.