Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Heilpraktiker zählen zu den wirtschaftlich stabilsten Freiberuflern in Deutschland.
Ihr Beruf ist gefragt, krisenresistent und demografisch im Aufwind – die Bevölkerung wird älter, das Gesundheitsbewusstsein wächst.
Doch wer eine eigene Praxis führt, weiß: Gesundheit ist nicht billig.
Von der Einrichtung über Therapiegeräte bis hin zur Digitalisierung und Abrechnungssystemen – kaum ein Gesundheitsberuf erfordert so viel Kapital im Vorfeld.
1. Wirtschaftliche Situation und Kreditbedarf
Physiotherapiepraxen sind solide, aber kapitalintensiv.
Eine Existenzgründung kostet je nach Größe und Ausstattung zwischen 60.000 und 180.000 Euro.
Die größten Kostenpunkte:
- Therapie- und Trainingsgeräte
- Praxisräume (Umbau, Miete, Ausstattung)
- EDV und Verwaltungssoftware
- Personal und Abrechnungssysteme
Selbst laufende Praxen haben regelmäßig Modernisierungsbedarf – neue Geräte, Barrierefreiheit, Hygienerichtlinien.
Das macht die Berufsgruppe zu einem interessanten, aber speziellen Zielsegment für Banken und Förderinstitute.
2. Typische Finanzierungsformen
Zweck | Kreditsumme (Ø) | Mögliche Laufzeit | Bemerkung |
---|---|---|---|
Existenzgründung / Übernahme | 80.000–180.000 € | 5–15 Jahre | oft KfW oder L-Bank beteiligt |
Modernisierung / Geräte | 20.000–70.000 € | 3–10 Jahre | Leasing oder Darlehen möglich |
Praxissoftware & Digitalisierung | 5.000–25.000 € | 3–7 Jahre | oft BAFA-/Digitalbonus förderfähig |
Betriebsmittelkredit | 10.000–50.000 € | flexibel | zur Liquiditätssicherung |
3. Banken mit Spezialisierung auf Heilberufe
🏦 Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Der Branchenprimus, wenn es um Heilberufe geht.
Bietet speziell zugeschnittene Gründerkredite, Praxisübernahmen und Gerätefinanzierungen.
Vorteil: Spezialisierte Berater, die BWA, GKV-Zulassung und Heilberufesteuerrecht kennen.
Nachteil: teils höhere Eintrittshürden (Bonität, Unterlagenumfang).
💻 Commerzbank – Heilberufe-Programm
Solide Konditionen, Förderintegration (KfW, LfA).
Geeignet für etablierte Praxen und Investitionen ab 50.000 €.
🌿 GLS Bank / UmweltBank
Fördert Praxen mit nachhaltigem oder ganzheitlichem Ansatz – etwa Naturheilkunde oder Barrierefreiheit.
Voraussetzung: glaubwürdiges Konzept mit sozialem Mehrwert.
4. Fördermöglichkeiten
Neben klassischen Bankkrediten stehen zahlreiche Förderprogramme zur Verfügung:
- KfW-Unternehmerkredit (037/047): bis 25 Mio. €, Zinsvorteil bis zu 2 %
- ERP-Gründerkredit StartGeld (067): bis 125.000 € für Praxisgründungen
- BAFA-Digitalbonus: bis 50 % Zuschuss auf Software, Abrechnungssysteme
- Landesförderbanken (z. B. L-Bank, SAB, NRW.Bank): Investitionszuschüsse oder zinsverbilligte Kredite
Ein entscheidender Vorteil: Förderkredite sind oft ohne private Sicherheiten möglich – besonders bei überzeugendem Geschäftsplan.
5. Praxisbeispiel
Eine junge Physiotherapeutin aus Dresden übernimmt eine bestehende Praxis mit vier Kabinen.
Gesamtkosten: 140.000 €.
Finanzierung:
- 90.000 € KfW-Unternehmerkredit (Zins 3,2 %, Laufzeit 10 Jahre)
- 30.000 € Eigenkapital
- 20.000 € Leasing für Geräte
Nach zwei Jahren konnte sie die Laufzeit durch Sondertilgungen verkürzen – und nutzt nun einen zusätzlichen Kredit für die Digitalisierung der Patientenverwaltung.
6. Stärken und Herausforderungen der Branche
✅ Stärken:
- hohe Nachfrage, stabile Umsätze
- geringe Ausfallquote bei Krediten
- gutes Image bei Banken
- planbare Liquidität durch Krankenkassenabrechnung
❌ Herausforderungen:
- hohe Anfangsinvestitionen
- lange Zahlungsfristen von Krankenkassen
- Fachkräftemangel und steigende Personalkosten
- zunehmender Digitalisierungsdruck
Physiotherapeuten gehören zu den sichersten Kreditnehmern im Freiberuflersegment – vorausgesetzt, die Praxis ist wirtschaftlich solide aufgestellt.
Banken schätzen die Stabilität der Branche, aber auch hier gilt: Ohne strukturierte Planung kein Kredit.
Mein Fazit:
Heilberufe sind ein stabiles Fundament – aber jede erfolgreiche Praxis braucht ein finanzielles Rückgrat.
Wer investiert, modernisiert und digital denkt, bleibt zukunftsfähig. 💡